Interview mit Prof. Andreas Liebl, Professor für angewandte Psychologie
Ganz herzlichen Dank, Herr Professor Liebl, dass Sie heute mit mir das Interview führen. Bitte stellen Sie sich und das Forschungsgebiet Psychoakustik doch mal kurz vor.
Mein Name ist Andreas Liebl. Ich bin Professor für Angewandte Psychologie an der Hochschule Döpfer und bevor ich dorthin im Jahr 2018 wechselte, war ich zehn Jahre lang Gruppenleiter für Psychoakustik und Kognitive Ergonomie am Fraunhofer Institut für Bauphysik in Stuttgart. Dort habe ich mich ganz intensiv mit Fragestellungen aus dem Bereich der Psychoakustik beschäftigt, insbesondere mit dem Fokus der akustischen Gestaltung in Büroumgebungen.
Die Psychoakustik beschäftigt sich als wissenschaftliche Disziplin, aber eben auch als Berufsfeld mit der Frage nach dem Zusammenhang zwischen Schallereignissen und deren Wahrnehmung durch den Menschen.
Was würden Sie denn sagen? Was sind die größten Störquellen im Büro?
Es zeigt sich über viele Jahre, wenn nicht sogar über Dekaden hinweg, immer das gleiche Bild. Die Mitarbeiter klagen am häufigsten über eine mangelhafte Akustik. Häufig subsumieren sie das unter dem Begriff Lärm. Aber man muss genauer hinschauen – gerade im Bürokontext ist es ja nicht so, dass man tagtäglich gefährdet ist, sein Hörvermögen zu verlieren, nicht so wie an manchen industriellen Arbeitsplätzen.
Deswegen ist es sinnvoll, genauer hinzuschauen, weil die Mitarbeiter unter Lärm vor allem vordergründig die Störung durch Gespräche anderer Kollegen verstehen und die sind natürlich besonders störend, wenn man selber konzentriert arbeiten will. In der Regel ist es so, dass immer an zweiter Stelle das Thema Luftqualität als Problem genannt wird.
PREFORM PreGlass, Entwicklung von Störquellen verhindern durch Raumtrennung
Welchen Einfluss hat denn die Akustik auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit von Mitarbeitern?
Auch da gibt es viele experimentelle Studien, die ganz eindeutig den Nachweis führen, dass schlechte Akustik, welche man jetzt noch spezifizieren müsste, die kognitive Leistungsfähigkeit von Menschen beeinträchtigen kann. Es ist schlichtweg so, dass durch das automatische Verarbeiten von bestimmten akustischen Hintergrundreizen ein Teil unserer kognitiven Kapazität gebunden wird und diese Kapazität steht uns folglich nicht mehr zur Verfügung, um unsere primären Arbeitsaufgaben zu erledigen.
Es gibt ja jetzt ganz verschiedene Bedingungen und Arbeitsumgebungen im Büro. Wie kann man denn da gute akustische Bedingungen für alle schaffen?
Das ist tatsächlich eine sehr schwierige Aufgabe. Eine pauschale Antwort fällt mir da auch schwer, wobei ich das gerne mit einem Autokauf vergleiche. Wer ein Auto will, das alles leisten kann, das schnell fährt, das viel Stauraum hat, für die Familie geeignet ist, toll aussieht, das aber auch noch ein schönes Statussymbol ist, wird feststellen, dieses eine Auto, das quasi allen Ansprüchen gerecht wird, ist ganz schwer zu finden.
Und wenn es dieses eine Auto dann doch gibt, dann hat es vielleicht den Nachteil, dass es viel Sprit verbraucht oder Ähnliches. Und ein bisschen ist es im Büro auch so, dass, wenn man darauf abzielt, nur eine Form von Arbeitsplatz für alle schaffen oder bereitstellen zu wollen, dann wird dieser für die verschiedensten Dinge, die geleistet werden müssen, nicht ideal passen. Aber der Markt gibt es mittlerweile ohne Weiteres her, dass man die Arbeitsplätze auch aus akustischer Sicht nach den Bedürfnissen der Mitarbeiter gestalten kann.
Viele verschiedene Arbeitsbereiche im Open Space Büro mit PREFORM Prespace
Open Space Büros liegen ja gerade auch total im Trend. Und damit das dann nicht zu Reizüberflutung führt gibt es auch verschiedene Möglichkeiten, das Ganze abzugrenzen und Rückzugsorte zu schaffen. Setzt man denn da besser auf geschlossene oder offene Raum-in-Raum Systeme?
Auch da ist eine pauschale Antwort gar nicht so leicht, aber es bedarf, würde ich sagen, in der Planung und Entscheidung dabei das Einbinden von Experten, weil insbesondere dann, wenn die akustische Grundkonditionierung in dem Raum eine ist, in der es nicht zu still ist, sondern zum Beispiel ein gewisses Grundgeräusch vorhanden ist, dann kann eine solche offene Struktur genug an Rückzugsmöglichkeit bieten.
Dagegen, wenn allgemein das Grundgeräusch sehr niedrig ist und man aber zum Beispiel vertrauliche Gesprächssituationen in einem solchen Kontext schaffen muss, wo Mitarbeitergespräche oder Ähnliches vertraulich geführt werden müssen, dann sind nur geschlossene Formen eine Lösung, weil diese Inhalte ansonsten in der offenen Struktur hörbar sind. Da muss man abwägen, was die konkrete Situation ist und ob sich in dieser eher eine offene oder eine geschlossene Struktur eignet.
Man würde jetzt erst mal davon ausgehen: Geschlossenes System ist super, weil da hat man ja immer die Privatsphäre und stört sich nicht gegenseitig. Gibt es denn auch Vorteile von den offenen Lösungen?
Ja, selbstverständlich. Ganz häufig ist es so, dass die geschlossenen Lösungen baulich mehr Schwierigkeiten machen. In diesen mag zwar die Vertraulichkeit erst mal höher sein, aber ich habe bereits erwähnt, dass das zweithäufigste Kriterium, das als negativ berichtet wird, die Luftqualität ist. Und wenn man an geschlossene Systeme denkt, dann muss man sich Gedanken machen, wie wird bei länger geführten Besprechungen der Luftaustausch in solchen geschlossenen Lösungen garantiert. Dann stellt man fest, dass geschlossene Systeme gar nicht beliebig im Raum positionierbar sind und die offenen Lösungen in der Regel viel flexibler und einfacher gestaltbar sind.
PREFORMs Offene Raum-in-Raum Lösungen der Prespace Serie
Wir haben ja jetzt viel über Lärm und zu laute Umgebungen geredet, kann ein Büro denn auch zu leise sein?
Absolut. In der Regel ist das, was der Mensch sucht, ja eher Ruhe und nicht Stille. Es gibt auch den eher negativ assoziierten Begriff der Totenstille. Zu leise gibt es und es wird auch als unangenehm empfunden und es sorgt ebenfalls für Probleme. Wenn Sie zum Beispiel an die Situation in einer Bibliothek denken, da wird selbst das kleinste Geräusch als störend empfunden, weil es eben im Kontext dieser absoluten Stille stattfindet.
Sagen wir mal, wir haben jetzt die Situation, ein Büro ist zu still, man hört alles. Was kann man denn dann dagegen tun?
Ich nenne es immer gerne die zielgerichtete Grundgeräuschanhebung und damit in Verbindung steht das sogenannte Sound Masking, dass das normalerweise erreicht. Man muss versuchen, den Grundgeräuschpegel im Raum zielgerichtet auf ein Niveau anzuheben, damit störende Hintergrundsprache auch verdeckt werden kann.
PRESOUND sorgt für gezieltes Sound Masking im Büro
Für viele ist das Sound Masking jetzt vielleicht so eine Blackbox. Wie funktioniert das denn?
Es ist so, dass in den Raum zielgerichtet akustische Reize eingebracht werden, die die störenden Reize überlagern sollen. Häufig sind das rauschähnliche Signale, die für sich genommen vom Menschen als nicht so störend wahrgenommen werden, weil sie eher kontinuierlich und nicht impulshaltig sind. Und das, was den Menschen in der Regel immer stört oder was seine Aufmerksamkeit bindet, das ist alles das, was eine bestimmte zeitliche Variabilität aufweist.
Sprache ist dadurch gekennzeichnet, dass sie ständig leiser und lauter wird und es ist auch genau dieses ständige leiser und lauter Werdende, Veränderliche, worauf wir als Menschen anspringen. Das ist der Hinweis Reiz in diesem Signal, der für uns sagt: „Mensch, da passiert etwas Sprachliches, da muss ich jetzt meine Aufmerksamkeit hinwenden“ und das machen wir sogar unbewusst, das kann man zeigen. Diese Aufmerksamkeitszuwendung, die bindet eben Kapazität.
Dagegen bedeuten kontinuierlichen Signale für uns, da steckt keine Information drin, ich muss keine Aufmerksamkeit darauf verwenden. Solche eher kontinuierlichen Signale oder Maskiersignale, die dafür sorgen, dass das Grundgeräusch grundsätzlich kontinuierlicher wird, sorgen dafür, dass wir unsere Aufmerksamkeitskapazität anderen Dingen zuwenden können.
Vielen Dank für das Interview, Herr Prof. Liebl.
Sie wollen etwas über Akustikprodukte und deren Einsetzung erfahren? Dann stöbern Sie durch unsere Produktwelt oder kontaktieren Sie uns direkt. Besuchen Sie auch gerne unseren Youtube-Kanal.
PREFORM (Schweiz) AG
Zunstrasse 11
CH-8152 Opfikon
PREFORM GmbH
Esbacher Weg 15
D-91555 Feuchtwangen
PREFORM GmbH
Esbacher Weg 15
D-91555 Feuchtwangen
Impressum • Datenschutz • Lieferbedingungen • AGB • Cookies